Bleiberecht: Koalition einigt sich
Länder können über Sozialleistungen selbst entscheiden
Berlin - Nach der Koalitions-Einigung über das Bleiberecht sollen die rund 180.000 bislang geduldeten Ausländer voraussichtlich vom 1. Juli an Anspruch auf gesicherten Aufenthalt in Deutschland erhalten. Das Bundeskabinett will nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch vor Ostern einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden.
Keine höheren Sozialleistungen
Eine Spitzenrunde von Union und SPD hatte die letzten Streitpunkte nach jahrelangen Auseinandersetzungen in der Nacht zum Dienstag ausgeräumt. Nach dieser Vereinbarung sollen für geduldete Ausländer keine höheren Sozialleistungen anfallen. Merkel und andere Koalitionspolitiker sprachen von einem "guten Kompromiss". SPD-Chef Kurt Beck begrüßte die Einigung als "menschenwürdig". Die Opposition kritisierte dagegen einen Teil der Regelungen als "skandalös und ungeheuerlich".
Das CDU-geführte Niedersachsen lehnte auch das neue Konzept der Koalition als "unbefriedigend" ab. Die Landeskassen würden durch dauerhafte öffentliche Leistungen zusätzlich belastet, sagte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) in Hannover.
Nachzug der Familie ausgeschlossen
Vor allem auf Druck Bayerns beschloss die Koalition, dass es jedem Bundesland freigestellt wird, Flüchtlingen lediglich Sachleistungen wie Lebensmittel und Sammelunterkünfte statt finanzielle Unterstützung zu geben. Sie haben vor der Arbeitsaufnahme auch keinen Anspruch auf Leistungen wie Elterngeld. Der Nachzug von Familienangehörigen wurde ebenfalls ausgeschlossen.
Nach Ansicht von CSU-Chef Edmund Stoiber läuft die zwischen ihm, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Vizekanzler Franz Müntefering und dem Kieler Innenminister Ralf Stegner (beide SPD) vereinbarte restriktive Ausgestaltung des Bleiberechts auf einen "Aufenthaltsstatus minderen Rechts" hinaus.
Keine Abschiebung bei Bürgerkrieg und Verfolgung
Stegner betonte, es bleibe bei der ursprünglichen Absprache von Union und SPD, wonach geduldete Ausländer, die bis Ende 2009 einen Arbeitsplatz finden, in Deutschland bleiben können. "Zur Gesichtswahrung der bayerischen Position" habe die SPD in "kleinen Details" Änderungen zugestimmt.
Nach seinen Angaben müssen Länder wie Bayern und eventuell Niedersachsen, die von Sachleistungen Gebrauch machten, dafür selbst bezahlen. Die meisten anderen Länder, die auf die Regelungen nach der Arbeitsmarktförderung setzten, bekämen das Geld dagegen vom Bund. Stegner zeigte sich davon überzeugt, dass auch geduldete Ausländer, die bis 2009 keine Arbeit vorweisen, danach nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Die Gründe wie Bürgerkriege oder religiöse Verfolgung, die heute bereits einer Abschiebung entgegenstünden, seien dann ja nicht vom Tisch, sagte er im Deutschlandfunk.
Arbeitsplatz, Deutschkenntnisse, keine Vorstrafen
Eine Aufenthaltserlaubnis sollen Alleinstehende erhalten, wenn sie mindestens acht Jahre in Deutschland leben. Bei Familien mit Kindern reichen sechs Jahre aus. Voraussetzung sind neben einem Arbeitsplatz ausreichende Deutschkenntnisse und keine Vorstrafen. Es darf auch kein Terrorverdacht gegen sie vorliegen. Nach Schätzungen von Fachleuten kommen für den gesicherten Aufenthaltsstatus deshalb lediglich etwa 40 000 der insgesamt 180.000 geduldeten Flüchtlinge in Frage. Darüber hinaus will die Koalition mehrere EU-Richtlinien in deutsches Recht umsetzen. Dazu gehört auch ein Mindestalter von 18 Jahren für beide Ehegatten zum Schutz vor Z****sehen und ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für Opfer von Menschenhandel für die Mitwirkung bei Strafprozessen.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bezeichnete die Einigung als "Wettlauf an Schäbigkeit" auf dem Rücken der Betroffenen. Die geplanten Verschärfungen etwa beim Familiennachzug seien ein "absolutes Trauerspiel", sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Für die FDP-Fraktions-Vize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist die vorgesehene erleichterte Abschiebung von straffälligen Jugendlichen nicht nachvollziehbar. Auch Petra Pau von der Linkspartei sieht "unmenschliche" Vorschriften. Die Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl" sprach von einem "gnadenlosen Kompromiss". (go/dpa)
Länder können über Sozialleistungen selbst entscheiden
Berlin - Nach der Koalitions-Einigung über das Bleiberecht sollen die rund 180.000 bislang geduldeten Ausländer voraussichtlich vom 1. Juli an Anspruch auf gesicherten Aufenthalt in Deutschland erhalten. Das Bundeskabinett will nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch vor Ostern einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden.
Keine höheren Sozialleistungen
Eine Spitzenrunde von Union und SPD hatte die letzten Streitpunkte nach jahrelangen Auseinandersetzungen in der Nacht zum Dienstag ausgeräumt. Nach dieser Vereinbarung sollen für geduldete Ausländer keine höheren Sozialleistungen anfallen. Merkel und andere Koalitionspolitiker sprachen von einem "guten Kompromiss". SPD-Chef Kurt Beck begrüßte die Einigung als "menschenwürdig". Die Opposition kritisierte dagegen einen Teil der Regelungen als "skandalös und ungeheuerlich".
Das CDU-geführte Niedersachsen lehnte auch das neue Konzept der Koalition als "unbefriedigend" ab. Die Landeskassen würden durch dauerhafte öffentliche Leistungen zusätzlich belastet, sagte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) in Hannover.
Nachzug der Familie ausgeschlossen
Vor allem auf Druck Bayerns beschloss die Koalition, dass es jedem Bundesland freigestellt wird, Flüchtlingen lediglich Sachleistungen wie Lebensmittel und Sammelunterkünfte statt finanzielle Unterstützung zu geben. Sie haben vor der Arbeitsaufnahme auch keinen Anspruch auf Leistungen wie Elterngeld. Der Nachzug von Familienangehörigen wurde ebenfalls ausgeschlossen.
Nach Ansicht von CSU-Chef Edmund Stoiber läuft die zwischen ihm, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Vizekanzler Franz Müntefering und dem Kieler Innenminister Ralf Stegner (beide SPD) vereinbarte restriktive Ausgestaltung des Bleiberechts auf einen "Aufenthaltsstatus minderen Rechts" hinaus.
Keine Abschiebung bei Bürgerkrieg und Verfolgung
Stegner betonte, es bleibe bei der ursprünglichen Absprache von Union und SPD, wonach geduldete Ausländer, die bis Ende 2009 einen Arbeitsplatz finden, in Deutschland bleiben können. "Zur Gesichtswahrung der bayerischen Position" habe die SPD in "kleinen Details" Änderungen zugestimmt.
Nach seinen Angaben müssen Länder wie Bayern und eventuell Niedersachsen, die von Sachleistungen Gebrauch machten, dafür selbst bezahlen. Die meisten anderen Länder, die auf die Regelungen nach der Arbeitsmarktförderung setzten, bekämen das Geld dagegen vom Bund. Stegner zeigte sich davon überzeugt, dass auch geduldete Ausländer, die bis 2009 keine Arbeit vorweisen, danach nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Die Gründe wie Bürgerkriege oder religiöse Verfolgung, die heute bereits einer Abschiebung entgegenstünden, seien dann ja nicht vom Tisch, sagte er im Deutschlandfunk.
Arbeitsplatz, Deutschkenntnisse, keine Vorstrafen
Eine Aufenthaltserlaubnis sollen Alleinstehende erhalten, wenn sie mindestens acht Jahre in Deutschland leben. Bei Familien mit Kindern reichen sechs Jahre aus. Voraussetzung sind neben einem Arbeitsplatz ausreichende Deutschkenntnisse und keine Vorstrafen. Es darf auch kein Terrorverdacht gegen sie vorliegen. Nach Schätzungen von Fachleuten kommen für den gesicherten Aufenthaltsstatus deshalb lediglich etwa 40 000 der insgesamt 180.000 geduldeten Flüchtlinge in Frage. Darüber hinaus will die Koalition mehrere EU-Richtlinien in deutsches Recht umsetzen. Dazu gehört auch ein Mindestalter von 18 Jahren für beide Ehegatten zum Schutz vor Z****sehen und ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für Opfer von Menschenhandel für die Mitwirkung bei Strafprozessen.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bezeichnete die Einigung als "Wettlauf an Schäbigkeit" auf dem Rücken der Betroffenen. Die geplanten Verschärfungen etwa beim Familiennachzug seien ein "absolutes Trauerspiel", sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Für die FDP-Fraktions-Vize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist die vorgesehene erleichterte Abschiebung von straffälligen Jugendlichen nicht nachvollziehbar. Auch Petra Pau von der Linkspartei sieht "unmenschliche" Vorschriften. Die Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl" sprach von einem "gnadenlosen Kompromiss". (go/dpa)
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